19. Schrot&Korn-Leserwahl: Deutschlands beste Bio-Läden 2022
Die besten Bio-Läden Deutschlands wurden jetzt auf einer Online-Gala gekürt. Fast 59.000 Stimmen wurden bei der Schrot&Korn-Leserwahl abgegeben und aus 2.610 Bio-Läden die vier Besten ausgewählt. Bewertet wurde in den Kategorien Frische, Vielfalt, Beratung, Preis-Leistung und Atmosphäre. Zusätzlich gab es dieses Mal auch Punkte für die Auswahl an innovativen Produkten. Zum ersten Mal ging dabei die begehrte Trophäe an einen Hofladen aus Sachsen. Drei weitere Gewinne gingen zwei Mal nach Nordrhein-Westfalen und ein Mal nach Niedersachen. Besonderheit der Gewinnerläden ist, dass sie durch den Charakter ihrer Inhaber und hohe Kundenbindung geprägt sind.
Die Gold-Gesamt-Gewinner in den einzelnen Kategorien sind:
- Bio-Fachgeschäfte: Val Verde Naturkost, Bammental (BW)
- Bio-Hofläden: Herbst-Hof, Oschatz (SN)
- Kleine Bio-Läden: vitamin-b, Dettenhausen (BW)
- Bio-Supermärkte: Naturkost Kornblume in Lingen (NS)
Die Gewinnerportraits im Einzelnen
Vier Ladenkategorien wurden ausgezeichnet, damit jede Ladengröße eine Chance hat: Hofläden, kleine Bio-Läden (bis 99 m2), mittlere Bio-Fachgeschäfte (bis 399 m2) und Bio-Supermärkte (ab 400 m2).
Bestes Bio-Fachgeschäft: Wie im Tante-Emma-Laden
„Das Glück der Erde liegt im Val Verde“, schrieb mal eine begeisterte Kundin über den Bioladen auf eine Weihnachtskarte. Kaum in größere Räume gezogen, kann sich das 180 qm große Fachgeschäft „Val Verde“ über die Auszeichnung als Gold-Gewinner im Gesamteindruck freuen. Zunächst waren die Inhaberinnen Ulrike Philipp und Christina Höppner leicht entsetzt, als sie hörten, dass sie Bester Bioladen Deutschlands geworden sind, in der Kategorie mittlere Bio-Fachgeschäfte. „Wir mit unserem Tante-Emma-Laden-Image. Wir sind Tante Emma, wir leben Tante Emma. Wir machen das in unserem neuen Laden wie vor 21 Jahren.“ Eine hohe Kundenbindung und der persönliche Kontakt sind ihnen sehr wichtig. Sie sind für alle Kunden da, in allen Lebenslagen. Wenn die Oma vorbeikommt und sagt, dass ihr Telefon nicht funktioniert, rufen sie die Telekom für Oma an. Eine Besonderheit von Val Verde ist auch die Sortimentsvielfalt. 80 verschiedene Käsesorten haben sie in der 3-Meter-Theke, diese müssen sie sogar in 5 Stockwerken übereinander stapeln, damit alles seinen Platz hat. „Das gewinnt nicht den Schönheitspreis, aber zu uns kommen Leute, die mit Bio überhaupt nichts am Hut haben, nur weil wir den besten Käse weit und breit haben.“ Dabei gibt es bei ihnen Käse nur frisch abgeschnitten und am Stück: „Weil er dann am besten schmeckt.“ Auch die Obst- und Gemüsetheke ist üppig und gepflegt, sie wird jeden Morgen frisch ausgerichtet, alles wird einzeln angefasst und begutachtet. Was optisch etwas gelitten hat, kommt in die ‚Kruschtelkiste‘. „Da freuen sich Kunden, etwas günstiger zu bekommen“, so die Inhaberinnen. Angeboten wird bevorzugt regional, saisonal und in Demeter- oder Bioland-Qualität. Täglich frisch werden sie von drei regionalen Biobäckereien beliefert, eine regionale Landmetzgerei liefert einmal in der Woche. 13 Mitarbeiter beschäftigt der Laden. „Man könnte zwar mehr Geld verdienen, wenn alles ein bisschen zügiger ablaufen würde, aber Gespräche sind uns besonders wichtig. Und das ist halt personalintensiv“, gestehen Ulrike Philipp und Christina Höppner. So ist Val Verde im 6.000-Seelen-Dorf Bammental zu einem richtigen Ort der Begegnung geworden. Und die Kunden danken es mit Treue, trotzdem konventionelle Supermärkte mit Bio-Grundsortiment kaum 20 Meter entfernt liegen. Einige der jungen Kunden kommen schon seitdem sie Babys waren mit ihren Müttern in den Laden. Heute machen sie hier ein Praktikum, stehen hinter der Theke und freuen sich: „Hier riecht es genauso wie früher, als ich im Kinderwagen saß und mit Mama kam.“
Bester Hofladen – Sächsischer Familienbetrieb mit Charakter
Gold-Gewinner in der Kategorie „Bester Bio-Hofladen Deutschlands“ ist der Herbst-Hof in Oschatz in Sachsen geworden. Der 85 Hektar große Betrieb ist über 150 Jahren in Familienbesitz. Der Hof liegt vor den Toren der Stadt Oschatz und ist umsäumt von riesigen, konventionell bewirtschafteten Feldern, wie sie in Ostdeutschland historisch gewachsen sind. Als Axel Heinze den Hof seiner Schwiegereltern übernahm und auf Bioanbau umstellte, wurde er zum Teil verspottet. Heute respektieren die meisten Nachbarn seine Arbeit. Manche konventionelle Kollegen rufen ihn mittlerweile auch an. „Die wollen wissen, wie ich das mit der Biolandwirtschaft seit 21 Jahren hinbekomme“, so der studierte Landwirt. Auch als er 2015 seinen 98 qm großen Hofladen eröffnete, hatten ihm viele zuvor davon abgeraten. Für Bio im ostdeutschen Niemandsland sahen sie keine Chance. Die Familie beriet sich und tat es trotzdem: "Wenn alle sagen, es geht nicht - genau dann muss man es machen“, unterstreicht Heinze. Und der Laden läuft gut. Besonders zu Corona-Zeiten: „Wie bei einem großen Dampfer, der übers Meer fährt und ich stehe unten im Kesselraum und schaufle eine Schippe Kohle nach der anderen ins Feuer“, berichtet er. „Die Nachfrage war gigantisch, da kamen wir an unsere Schaffensgrenze.“ Die Ladeneinrichtung ist nicht zufällig gewählt, sondern Ergebnis vieler Reisen: Das Vorbild für die Holzdecke hängt in einem Bergdorf in Südfrankreich, das Hoftor steht so auch irgendwo in England. Die Regale sind nach eigenen Ideen maßgefertigt. Auf einem Bildschirm läuft eine Fotodokumentation des Landwirtschaftskreislaufes. „Die Kunden wollen uns Landwirte doch erzählen hören, von der Arbeit auf dem Feld und im Stall“, berichtet er. Auch sonst läuft hier einiges anders. Käse wird nach Uhrzeit geschnitten, nicht nach Gramm. „Wenn jemand 3 Minuten Käse bestellt, weiß ich, wieviel ich vom Laib schneiden muss.“ Besonderheit ist auch die Schlachtung. Sechs Mal im Jahr bringt Heinze eines seiner Hereford-Rinder persönlich zum Schlachter und legt mit Hand an, wenn das Tier zerlegt wird. Bei der Qualität der Ware macht er keine Kompromisse. Trotz hoher Preise sei die Nachfrage sehr stark. „Wenn einer 24 Rinderrouladen haben möchte, bekommt er die auch.“ Zudem baut er eine alte Sorte Gelbweizen an, die er dann in der Region vermahlen und daraus Backwaren für seinen Laden herstellen lässt. Seine Ölsaaten liefert er an eine sächsische Ölmühle, die daraus eine heimische Öl-Serie mit seinem Konterfei vertreibt. Pläne für die Zukunft gibt es auch: Über dem Hofladen soll ein Raum für Jugendliche entstehen, wo sie heiter Berufe raten können, dazu gäbe es leckeres Bio-Essen. "Wir müssen unsere Jugend anders abholen.“ Die Dinge eben anders zu machen, ist ganz offensichtlich Teil eines gelungenen Erfolgsrezeptes.
Kleine Bio-Läden: Kleines Idyll mit Charme
Der Gold-Gesamt-Gewinner bei den kleinen Bio-Läden ist das vitamin-b in Dettenhausen. Zu Bio gekommen ist Inhaberin Ursula Wagner als junge Mutter vor 24 Jahren: „Man überlegt sich, was das Beste für das Kind ist.“ Zunächst arbeitete sie in einem Schönaicher Bioladen. Vor 15 Jahren dann entdeckte sie in Dettenhausen beim Spaziergang mit der Freundin und dem damals kleinen Sohn ein leerstehendes Ladenlokal. Von der Freundin ermuntert, war sie Feuer und Flamme und realisierte die Idee, einen eigenen Bioladen aufzumachen. Ihr Mann Ulf Wagner renovierte und baute die Regale auf. Mittlerweile kann sie schon Jubiläum feiern. Zwei Mitarbeiterinnen teilen sich hier einen Mini-Job. Auch Sohn Jannik hilft schon mal aus, der inzwischen studiert. Ihr Mann unterstützt als Hausmeister und Ladenbauer. Ein Schwerpunkt bilden viele regionale Produkte im 60 qm großen Laden. Saisonales Gemüse kommt vom Bauer aus dem Nachbardorf, dreimal pro Woche liefert der Bäcker Brot, Eier stammen von Bruderhahn-Hof, das Fleisch vom Uria-Hof. Auch eine Unverpacktstrecke gibt es. Veränderungen im Laden entstehen eher organisch durch Impulse von außen. So empfahl ihr ein Außendienstmitarbeiter eine Käsetheke, für die eigentlich der Platz fehlte. Zwei Wochen später hatte sie „die wohl kleinste Käsetheke Deutschlands“ im Laden stehen, lacht sie. Insgesamt bietet sie dort 13 Sorten an. Während der Coronakrise lieferte der Sohn immer freitags Einkäufe aus, besonders an ältere Menschen, die nicht aus dem Haus sollten. In dieser Zeit haben sich die Beziehungen zu ihren Kunden nochmal intensiviert. „Der Bio-Laden war eine Art Oase des Friedens“, berichtet Ursula Wagner. Die Kunden hätten schon mal eine Packung Klopapier aufgemacht und sie geteilt, erzählt sie. Trotz Hamsterkäufen, neuen Kunden und „wahnsinnigen Umsätzen“ hätte sie die Intimität des kleinen Ladens bewahren können. Der hat einen persönlichen Charakter. Ein EC-Kartengerät zum Bezahlen gibt es nicht. Stattdessen gibt es ein Kassenbuch. Wenn ein Kunde gerade kein Geld zur Hand hat, wird eben angeschrieben. „Das ist nicht nur Idylle, sondern auch ein bisschen Faulheit“, verrät die Ladnerin. Der zwischenmenschliche Kontakt ist ihr sehr wichtig. Denn einen Bio-Kaffee und ein Schwätzchen zwischendurch gibt es hier allemal. Und trotzdem sie den Impfstatus aller Kunden kenne: Den Streit hierüber haben sie abgeschafft. „Den gibt es im Laden nicht. Jeder soll, wie er will“, so Ursula Wagner.
Bester Bio-Supermarkt: Familienbetrieb als Mehrfachgewinner
In der Kategorie „Bester Bio-Supermarkt“ konnte die Kornblume in Lingen erneut einen Sieg nach Hause tragen. Zum dritten Mal in Folge holte sie den Gold-Gewinn nach Niedersachsen. Dabei ist die Kornblume im besten Sinne ein Familienbetrieb. Von den vier Kindern der beiden Gründer Nanni und Ralf Brinker stehen bereits die beiden Söhne in den Startlöchern, um den Betrieb einmal zu übernehmen. Auch die Tochter half oft im Laden mit. Sohn Vincent hat bei der Kornblume die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann abgeschlossen, jetzt leitet er bereits den Gemüseeinkauf des Ladens. Er und sein Bruder Simon führten während der Pandemie Weinproben digital durch, die über Social Media liefen und sehr erfolgreich waren. Beide bauten während der Pandemie einen Webshop auf, ausgeliefert wird zwei Mal die Woche. Simon studiert noch berufsbegleitend Wirtschaftsingenieurswesen. Dabei haben die Brinkers 1987 ganz klein angefangen mit 56 m², mittlerweile sind es nach Umzügen 560 m². Als „Familie Brinker“ wollten sie immer erkennbar bleiben. Der alte Holztresen musste deshalb bei jedem Umzug mit und ziert bis heute den Bio-Supermarkt. Für das Jahr 2022 hat sich die Familie Brinker viel vorgenommen: Das Bistro wird erweitert, es werden mehr Verweil-Ecken entstehen, dazu Stehtische und ein langer Tisch mit Sitzmöglichkeiten. Hier sollen Wein probiert, Salate und frisches Müsli gegessen werden können. Der gesamte Laden wird dafür umstrukturiert. Auch soll die Idee „Event-Laden“ nochmal neu gedacht werden, auch eingedenk der neuen Herausforderungen durch die Pandemie. Denn die Kornblume steht auch dafür, Bio mit vielen kreativen Aktionen für die Kunden erlebbar zu machen, Sinnliches zu inszenieren. Die enge Kundenbindung ist eines ihrer Erfolgsrezepte. Nanni Brinker: „Unser Motto ist: Nicht stehenbleiben, immer weiterentwickeln!“ Die Besonderheit des Bio-Supermarktes ist auch ein ausgesuchtes, sehr vielfältiges Sortiment. Besonderes Highlight im Vollsortiment ist die 12,5 Meter große Käse-Theke mit rund 300 Sorten, darunter viele Spezialitäten. Auch selbst gemachte Frischkäse-Sorten zum Mitnehmen in Mehrweg-Weck-Gläsern gibt es. Regionalität wird hier groß geschrieben, es gibt viele regionale Partnerschaften mit Obst- und Gemüsebauern, daneben regionalen Käse vom Engelhof. Sogar eine lokale Bäckerei backt exklusiv für die Kornblume das „Kornblumenbrot“. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen 15 Mitarbeiter, darunter zwei Auszubildende.
→ Bilder der Hauptgewinner ab 17.02. verfügbar unter: www.bioverlag.de/presse
→ Filmportraits ab 17.02. unter: https://schrotundkorn.de/essen/beste-bio-laeden-2022
Hintergrund
Neben den vier Gold-Gewinnern mit dem besten Gesamt-Durchschnitt über alle Kriterien erhielten auch 106weitere Bio-Läden einzelne Urkunden in Gold, Silber oder Bronze in sieben Einzel-Kriterien. Diese sind zum einen die Qualität der Ware im Bereich Frische. Hier wurden Obst und Gemüse sowie Brot, Fleisch und Molkereiprodukte einzeln bewertet. Darüber hinaus zählen die Sortiments-Vielfalt, fachkundige Beratung, das Preis-Leistungs-Verhältnis und der Gesamteindruck dazu. Dieses Jahr gab es die Zusatzkategorie „Innovative Produkte“. Diese wechselt jährlich. Die Beliebtheit der Bio-Läden ist insgesamt hoch: Im Gesamteindruck gab es für alle Läden durchschnittlich eine Note von 4,28 Sternen von 5.
Besonderheit Schrot&Korn-Leserwahl: Individuelles Kundenfeedback
Eine besondere Stärke der Leserwahl ist, dass die Teilnehmer „ihrem Bio-Laden“ anonym Lob oder Kritik zukommen lassen können. Alle teilnehmenden Geschäfte können so die Anregungen nutzen, ihr Profil zu schärfen und Schwachstellen zu beheben. Gelobt wurden beispielsweise „die freundliche und fachkundige Beratung“ sowie „die regionalen Produkte“ und die „familiäre Atmosphäre“. Ebenso der Einsatz „gegen Lebensmittelverschwendung“ und die „Erfüllung von Wünschen“. Verbesserungsvorschläge wie ein „Sortiment an biologischer Kleidung“ sowie „größere Auswahl im Drogeriebereich“ oder „weniger Fertigprodukte in der Kühltheke“ kann der Laden als Anregung aufnehmen. Die Läden können zudem eigene Fragen einreichen.
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